Degeneration, Unordnung und der Verlust von Standards

sind nicht nur Probleme im Lager oder in der Produktion – sie sind systemische Phänomene, die sich überall zeigen, wo keine klaren Routinen und Verantwortlichkeiten etabliert sind. Ob in Fertigung, Verwaltung, IT-Systemen oder Denkstrukturen: Ohne strukturierte Standards kehrt zwangsläufig Chaos ein. Ein besonders anschaulicher Begriff für dieses Prinzip stammt von Philipp Dickmann, der in seinen Publikationen (Schlanker Materialfluss) das sogenannte „Kinderzimmerphänomen“ geprägt hat:

„Was nicht gepflegt, strukturiert und standardisiert wird, fällt früher oder später in seinen natürlichen Zustand der Unordnung zurück – so wie ein aufgeräumtes Kinderzimmer spätestens am nächsten Tag wieder im gewohnten Zustand ist.“ (Philipp Dickmann)

5S als strukturelle Antwort auf Entropie

Das 5S-Prinzip, oft missverständlich auf das reine „Aufräumen“ reduziert, ist in Wirklichkeit ein elementares Führungs- und Organisationswerkzeug. Bereits seit fast zwei Jahrzehnten wird es im Rahmen der Lepros-Schulungen nicht nur in der Produktion, sondern branchenübergreifend als Methode zur nachhaltigen Struktur- und Standardentwicklung vermittelt. Die fünf klassischen Schritte von 5S – Sortieren, Systematisieren, Säubern, Standardisieren, Selbstdisziplin – bieten eine einfache, aber wirkungsvolle Systematik zur Bekämpfung von Degeneration, Intransparenz und Ineffizienz. Entscheidend ist dabei nicht das einmalige Aufräumen, sondern die Schaffung einer tragfähigen, dauerhaft wirksamen Struktur.

„Standards sind das Fundament – und ohne Standard keine Verbesserung.“ – Philipp Dickmann
In diesem Zusammenhang erlebt auch der Begriff „Standardized Work“ eine verdiente Renaissance. Besonders im Lean-Kontext wird jedoch häufig unterschätzt, dass unausgereifte, unlebendige Standards nicht stabilisieren, sondern häufig nur als kosmetische Maßnahme wirken – vergleichbar mit einem Fähnchen auf einer instabilen Struktur.

Das Kinderzimmerphänomen – und warum Standards essenziell sind

Das von Philipp Dickmann eingeführte „Kinderzimmerphänomen“ beschreibt einen allgegenwärtigen Mechanismus: Systeme, die nicht gut strukturiert, gepflegt, reflektiert und angepasst werden, degenerieren automatisch. Dabei geht es nicht nur um physische Ordnung, sondern um strukturelle Klarheit in Organisation, Prozessen und Datenflüssen. Die 5S-Methode dient hierbei als wirkungsvoller Hebel, um:

  • Zuständigkeiten sichtbar zu machen,
  • Prozesse verständlich und wiederholbar zu gestalten,
  • und nachhaltige Verbesserungen überhaupt erst zu ermöglichen.
  • dauerhafte Standards zu etablieren,
  • Zuständigkeiten sichtbar zu machen,
  • Prozesse verständlich und wiederholbar zu gestalten,
  • und nachhaltige Verbesserungen überhaupt erst zu ermöglichen.

5S, 6S, 7S, 8S … und der Verlust des Kerns, um den es geht

Im Laufe der Zeit sind zahlreiche Varianten des ursprünglichen 5S-Ansatzes entstanden – etwa 6S (inkl. Sicherheit) oder 7S (mit weiteren Erweiterungen). Diese Varianten mögen ihre Berechtigung in spezifischen Kontexten haben, verdeutlichen jedoch auch ein typisches Lean-Phänomen:

Die inhaltliche Tiefe und Einfachheit der Methode wird zunehmend durch Marketing getriebenen Begriffsneuschöpfungen verwässert.- Philipp Dickmann
Dabei war es gerade die Reduktion auf das Wesentliche – wie sie Taiichi Ohno im ursprünglichen Lean-Gedanken verfolgte –, die der Methode ihre Durchschlagskraft verliehen hat. Einige Beratungshäuser oder Bildungseinrichtungen nutzen die Vielfalt an Begriffen heute vor allem zur Differenzierung, anstatt sich auf die tatsächliche Umsetzung wirksamer Standards zu konzentrieren.

5S in der IT und Organisation: Struktur ist universell wirksam

Ein häufig unterschätzter Aspekt ist die Anwendbarkeit von 5S jenseits der physischen Produktionsumgebung. Bereits in den frühen 2000er-Jahren übertrug Philipp Dickmann die Prinzipien des „Aufräumens“ und „Strukturierens“ gezielt auf IT-Systeme, insbesondere ERP-Lösungen. Auch hier gilt: Es geht nicht um optische Ordnung, sondern um Systematik, Nachvollziehbarkeit und Datenqualität. Standardisierung in IT-Architekturen, klar definierte Datenstrukturen und gepflegte Stammdaten sind nichts anderes als digitale Entsprechungen der 5S-Methode.

Neuro5S: Die Weiterentwicklung auf Denk- und Organisationsebene

Einen spannenden und konsequenten nächsten Schritt bietet der Ansatz von Dr. Jansjörg Schösser, der die Prinzipien von 5S aus der Perspektive der Psychologie und Organisationsentwicklung weiterdenkt. In seinem Konzept des „Neuro5S“ wird die Methodik auf mentale, kommunikative und kognitive Strukturen angewendet – was auch Relevanz für Unternehmen hat. Statt sich auf äußere Ordnung zu beschränken, geht es hier um:

  • Den Aufbau klarer Denkstrukturen,
  • Entwicklung wirksamer Routinen in der Führung,
  • Und die Resilienz organisationaler Systeme gegenüber innerer und äußerer Komplexität.
  • Diese Erweiterung schließt nahtlos an die ursprüngliche Intention Ohnos an – einer schlanken, fokussierten Organisation mit hoher Selbstwirksamkeit.

Lehrgang

6S

Die nächsten Termine für 6S-Schulungen

6S - Workshop

Zu 6S bieten wir Inhouse Praxisworkshops mit direkter Umsetzung im Unternehmen an.
Je nach Bedarf werden die Inhalte individuell auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten.

Fragen Sie jetzt an!
+49 08092 868 9000

Workshops, Seminare und Coaching

Seminare zum Thema _____________________________________

Den optimalen Auf- und Ausbau von Kompetenzen verschiedener Zielgruppen unterstützen wir mit firmenspezifischen Trainings oder offenen Seminaren zu den Themen:

Für einen nachhaltigen Wissenstransfer bieten wir praxisnahes Coaching oder Umsetzungs-Workshops direkt in Ihrem Unternehmen an.